Samstag, 20. Mai 2017

Halbzeit - Hilfe für Kenia

70 der 140 Tage hier in Kenia sind seit Freitag vorbei. Es wäre also an der Zeit ein kurzes Fazit zu ziehen. Das möchte ich jedoch auf das Ende meiner Reise verschieben – wer regelmäßig meinen Blog liest, der hat einen guten Eindruck davon bekommen, wie es mir hier so ergeht und was ich bisher erlebt habe.


Viel lieber möchte ich euch auf ein Projekt aufmerksam machen, das mir sehr am Herzen liegt:

"Charititour de France": Konrad Krahl, Sebastian Domaschke, Roland Salowsky und Sebastian Schnabel – vier Freunde aus meiner sächsischen Heimat Wittichenau und den umliegenden Dörfern – teilen sie Leidenschaft mit dem Fahrrad die Welt zu erkunden. Sie sind stets auf der Suche nach interessanten Orten in Verbindung mit sportlichen Herausforderungen und unvergessliche Erlebnissen. Wer macht schon gerne Pauschalurlaub ;-)?! In diesem Jahr haben sich die vier Jungs vorgenommen, im Juli die über 3500 Kilometer lange Strecke der diesjährigen Tour der France auf ihrem Rennrad zurückzulegen. Verrückt mag man meinen ja, das ist es wohl auch ein bisschen. Wer quält sich schon freiwillig bei Wind und die Wetter auf Berge mit einer Steigung von bis zu 22% oder lebensgefährliche Abfahrten, bei denen selbst Radprofis an ihre Grenzen stoßen?!


Doch damit nicht genug – zusätzlich haben mich die Vier angesprochen, um mit ihrer Fahrt ein Hilfsprojekt hier vor Ort zu unterstützen. Wer meine Reise nach Kenia von Anfang an verfolgt hat, der weiß, dass mein Aufenthalt hier über den Verein „On the move e.V.“ erst möglich wurde. Dieser gemeinnützige Verein, der unter anderem vom Hoyerswerdaer Medizinstudenten Rick Wolthusen, gegründet wurde, sendet nicht nur Freiwillige in unterschiedliche Länder Afrikas und  engagiert sich für ausgewählte Projekte im Gesundheits- und Bildungssektor in Ghana, Südafrika und Kenia. Sondern die Organisation unterstützt auch die Brain Awareness Initiative. Und genau dahin sollen die Spendengelder fließen, die wir hoffentlich durch eure Bereitschaft und die Fahrradtour der Jungs sammeln können.

Doch was genau bedeutet das? Ziel dieser Initiative ist, das fehlende Verständnis für psychiatrische Erkrankungen anzugehen. Der Hintergrund ist der niedrige Wissensstand der Bevölkerung bezüglich des Gehirns, sowie der damit verbundenen Stigmatisierung und der soziale Ausschluss psychisch Erkrankter, besonders in Entwicklungsländern. Durch Aufklärung und Vermittlung von Wissenslücken sollen diese Stigmata abgebaut und eine bessere medizinische Versorgung von Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen erreicht werden. Psychisch Kranke sollten, genau wie jeder andere Patient auch, mit Liebe und Zuwendung behandelt werden. So soll der unvoreingenommene Austausch über das Gehirn gestärkt werden, denn das Gehirn ist ein Organ wie jedes andere, das krank werden kann – es kann uns alle betreffen.

Bildung ist also der Schlüssel um diese Verhältnisse zu verändern. Nachdem im Herbst 2016 in Kenia das Konzept der Brain Awareness Week zur Aufklärung über das Gehirn und psychische Erkrankungen erfolgreich initiiert wurde, soll dieses nun durch ein "Haus der psychischen Gesundheit" nachhaltig gestaltet werden. In diesem werden in den ersten Monaten nach der Entstehung vor allem Ausbilder des Vereins (Sozialarbeiter, Lehrer, Krankenschwestern, Amtsärzte), die die Brain Awareness Aktivitäten in den Gemeinden gestalten, unterrichtet. Dafür sollen Unterrichtsräume inkl. Materialien (Gehirnmodelle, Poster, Arbeitsblätter) und eine Bibliothek mit Zugang zu einem internetfähigen Computer bereitgestellt werden. Langfristig sollen diese Räume auch für die Bevölkerung zugänglich sein, damit sich diese aktiv über das Gehirn, (Neuro-) wissenschaften und psychiatrische Erkrankungen informieren kann. Damit soll auch ein Ort der Begegnung und des Austausches, wissenschaftlich und erfahrungsbasiert, zwischen allen Beteiligten entstehen und gefördert werden. In einem zweiten Schritt sollen zudem Räume für psychiatrische Patienten geschaffen werden. Auf lange Sicht sollen betroffene Patienten ausgebildet und umgeschult werden, um diese dann in eine Beschäftigung zu bringen. Im „Haus der psychischen Gesundheit“ sollen dementsprechend Räume für die Ausbildungsaktivitäten sowie ein Laden entstehen, zudem soll ein Raum als Ruhe- und Therapieraum genutzt werden können. Das Behandlungskonzept psychiatrischer Erkrankungen basiert nicht nur auf einer medikamentösen Therapiesäule, sondern, je nach Diagnose, vielmehr auf Gesprächs- sowie Physio-, Ergo, Gestaltungs- und Musiktherapie.

Die Spendengelder, die durch das Quartett im Rahmen der Fahrradtour in diesem Sommer gesammelt werden, sollen für die Anmietung einer Immobilie sowie für die Ausstattung (wie oben ausgeführt) dieser verwendet werden. Zudem ergibt sich durch die mediale Begleitung des Events die außerordentliche Gelegenheit, auf die vorherrschenden Stigmata psychiatrischer Erkrankungen in Afrika, aber auch in Deutschland, aufmerksam zu machen und Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen damit eine Stimme in der Gesellschaft zu geben.

Hier noch ein paar Hintergrundinfos zur Lage in Kenia: Im ganzen Land gibt es nur 11!!! tätige Psychiater. Im Vergleich dazu liegt in Deutschland die Quote bei 1 zu 6250. Allein in Berlin gibt es 730 Ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Theoretisch ist also ein Psychiater hier in Kenia für rund 4,32 Millionen Menschen zuständig. Theoretisch. Denn das psychische Probleme überhaupt von Psychologen und Psychiatern behandelt werden, ist in vielen Teilen Afrikas noch immer die große Ausnahme, besonders in den ländlichen Gegenden. Es ist erschreckend, wie erbärmlich psychisch Kranke hier immer noch leben. Sie werden als „Nicht-Menschen“ angesehen, keiner will ihnen Arbeit geben. Sie sind Ausgestoßene, weil bestimmte Geisteskrankheiten und Behinderungen hier immer noch als Stigma gelten - so wie in früheren Jahrhunderten in Europa. Gründe für solche Krankheiten werden oft im Übersinnlichen gesucht oder als böser Zauber oder teuflischer Einfluss abgestempelt. Jede Art von Behinderung, ob körperlich oder geistig, wird von den Menschen hier oft noch als Bestrafung angesehen. Aus diesem Grund versuchen viele Familien behinderte oder psychisch Kranke zu Hause zu verstecken. Hilfe wird auch Mal beim traditionellen Heiler gesucht, die Massagen, Tees und Pasten aus Kräutern verordnen und trommelnd und tanzend versuchen Kontakt zu den „Geistern“ aufzunehmen. Erst wenn das alles nichts nutzt, kommen die Betroffenen in eine Klinik. An diesem Punkt sind sie schon meistens völlig verstört. Und der Klinikaufenthalt macht das nicht unbedingt besser. Oft werden mittelalterliche Methoden angewandt - die Patienten werden angekettet, weggesperrt, geschlagen, liegen in ihren eigenen Exkrementen. Sie bleiben ewig in der Klinik, weil die Verwandten froh sind sie los zu sein und nach Entlassung nicht abholen kommen oder bezahlen .Aber auch die Ausbildung der Psychiater gibt es noch genug nachzuholen. Psychologische Fakultäten gibt es an den Universitäten erst seit den 60er Jahren. Einzeltherapie ist ein unbezahlbaren Luxus, der auch gar nicht der afrikanischen Mentalität entspricht. Konflikte werden hier in der Gemeinschaft gelöst. So sind Gruppentherapie meist viel sinnvoller und werden auch besser angenommen. Die Betroffenen sehen, dass sie nicht alleine mit ihrem Problemen sind.

Nun also zum wichtigen Teil:
Ob privat, als Verein oder als Firma - so könnt ihr spenden:

Kontoinhaber: On The Move e.V.
IBAN:DE12 8509 0000 2775 1510 08
BIC: GENODEF1DRS
Institut: Dresdner Volksbank Raiffeisenbank eG
Stichwort: Fahrradtour

Unter Angabe des vollständigen Namens und der Adresse kann postalisch natürlich eine Spendenquittung zugesendet werden. Papierlos und einfacher geht das auch per Mail unter Angabe der E-Mailadresse.

Die Möglichkeit Einfluss auf die Größe dieses Spendenprojektes zu nehmen, ist natürlich stark von Spendengeldern abhängig. Deswegen freuen wir uns über jeden Euro. Oft überlegt man, ob man überhaupt spendet, weil man nicht weiß ob das Geld ankommt oder es kein konkretes Projekt gibt- das ist hier anders. Wenn es noch Fragen gibt, stehe ich gerne zur Verfügung, um diese zu beantworten: jana.koplanski@gmx.net.
Dieser Beitrag darf natürlich gerne geteilt werden – redet mit Familie und Freunden oder auch auf der Arbeit darüber.

Bitte helft mit euer Spende die Lage für psychisch Kranke hier in Kenia zu verändern!

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